Wie kam Arist Dethleffs eigentlich auf die ungewöhnliche Idee, ein rollendes Heim zu erfinden? Was trieb ihn an? Was für ein Mensch steckt hinter einem Trend, der der deutschen Wirtschaft heute jährlich fast 15 Milliarden Euro Umsatz beschert?
,,Weltoffen, studiert, sprachgewandt, gesellig und bescheiden, so lässt sich Arist Dethleffs beschreiben.“
1931 stand dann das „Wohnauto“ auf dem Hof des Firmensitzes, mitten in Isny. Es war weiß, mit Holzwänden und einem Dach zum Anheben, einem Bett zum Ausziehen und einem Kanister mit Wasserhahn. Darunter befand sich eine Schublade für die Spülschüssel. Jetzt konnte Arist mit seiner Familie auf Reisen gehen. Er brachte sie an die ungewöhnlichsten und idyllischsten Orte und egal wo sie auftauchten, war die Neugier der Passanten groß. Damals ahnte er noch nicht, dass er damit das Reisen revolutionieren würde.
Im ersten Kundenmodell „Tourist“ war die Familie in sechs Jahren rund 70.000 Kilometer unterwegs und verbrachte 900 Nächte in ihrem rollenden Zuhause.
Das erste Kundenmodell „der kleine Dethleffs“ verkaufte sich in beachtlichen Stückzahlen an Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren, die meist Freunde und Bekannte waren. Auch viele Künstler und Politiker waren ad hoc begeistert. Sogar der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel fuhr später einen Dethleffs.
Auf allen Fahrten testete und verbesserte Arist Dethleffs seine Entwicklung. Wenn es Probleme gab, schlüpfte er in der nächsten Werkstatt in den Monteuranzug und half, den Schaden zu reparieren. Im ersten Kundenmodell „Tourist“ war die Familie in sechs Jahren rund 70.000 Kilometer unterwegs. 900 Nächte verbrachten sie in ihrem rollenden Zuhause. Ägypten, Libanon, Sowjetunion – die Reisen wurden immer exotischer. Arist parkte immer wild, idyllisch und romantisch, damit die Landschaftsmalerin Fridel die schönsten Perspektiven hatte. Das ungewöhnliche Trio fiel auf und machte unbewusst Werbung für ihre Erfindung.
1936 hatte Arist schon sechs fest angestellte Mitarbeiter in der Abteilung „Wohnautobau“, aber der Krieg beendete die Erfolgsgeschichte für sieben Jahre. Die Wohnwagenproduktion wurde eingestellt und man fertigte Sanitätsschlitten für das Rote Kreuz. Auch in dieser Zeit malte Fridel und bekam später für ihre Werke das Bundesverdienstkreuz. Arist Dethleffs erhält ebenfalls die hohe Auszeichnung für die Entwicklung des ersten Caravans in Deutschland. Nach dem Krieg nimmt er die Wohnwagenproduktion wieder auf und knüpft an die ersten Erfolge an.
Auch wenn sich die breite Campingbewegung in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte, hatte sie ihren Ursprung während der goldenen Zwanzigerjahre. Die Menschen nutzten den neu gewonnenen Urlaubsanspruch sowie die kostengünstige Möglichkeit, sich in der Natur zu erholen. Man campte relativ einfach, mit Zelten und einfachen Gegenständen zur Erholung, wie Faltbooten. Es entstand die sogenannte „Wochenendbewegung“.
Nach dem Zweiten Weltkrieg feiert die neuartige Urlaubsform mit dem Wirtschaftsboom der 50er-Jahre ein großes Comeback. Erste echte Campingclubs und Campingplätze entstehen. Immer mehr Deutsche können sich ein Auto leisten und so kommt die erste große Campingwelle ins Rollen. Lieblingsziel der Deutschen: Bella Italia.
Größenwahn war dem bescheidenen Arist stets fremd. Seine Mitarbeiter führte er streng und mit technischem Sachverstand. Er hatte immer Ideen, wie man die Fahrzeuge verbessern könnte. Allerdings war er durch und durch Perfektionist und hatte einen Hang zu schönem Design. Dies war unternehmerisch gesehen eher hinderlich: Die Konkurrenz konnte größere Stückzahlen effizienter herstellen. Er wollte nie der Größte sein, sondern beste Qualität und das schönste Design liefern.
,,Engagiert, hilfsbereit und sozial engagiert, setzte Arist sich stets für andere ein. Der große Pionier und Erfinder des Caravanings wurde 88 Jahre alt.“
Die Umsatzzahlen brachen ein, 1970 verkaufte Arist die Firma an Wolfgang Thrun und Jakob Eicker. Diese lagerten die Peitschen- und Skistockproduktion aus und konzentrierten sich ganz auf Wohnwagen.
Bald darauf wurde Arist krank und verlor dadurch schleichend sein Augenlicht. Still ertrug er sein Schicksal und nahm tapfer alle Einschränkungen hin. Seine geliebte Fridel erkrankte an einem Gehirntumor und starb 1982. Die erst 61-jährige Ursula verlor den Kampf gegen den Krebs 12 Jahre später. Arist selbst folgte Frau und Tochter 1996. Der große Pionier und Erfinder des Caravanings wurde 88 Jahre alt.
Danke, Arist Dethleffs. Wir haben dir so viel zu verdanken!
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